Abmahnung - Inhalt und Wirkungen

Selbst ein deutlich vertragswidriges Verhalten eines Arbeitnehmers kann im Einzelfall den Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung (noch) nicht rechtfertigt, denn: Voraussetzung einer verhaltensbedingten Kündigung ist grundsätzlich, dass (mindestens) eine vorangehende einschlägige Abmahnung existiert. An einer solchen fehlt es sehr häufig.

 

Nur in Ausnahmefällen, wenn

  • selbst bei Unterstellung einer fiktiven Abmahnung ein vertragsgemäßes Verhalten des Arbeitnehmers nicht zu erreichen wäre oder
  • die Pflichtverletzung eines Arbeitnehmers so schwerwiegend ist, dass deren Hinnahme durch den Arbeitgeber für jedermann offensichtlich ausgeschlossen ist

kann eine verhaltensbedingte Kündigung ohne vorherige Abmahnung wirksam ausgesprochen werden.

 

Eine Abmahnung hat drei Funktionen, die

  • Rüge- bzw. Hinweisfunktion: Der Arbeitgeber weist den Arbeitnehmer darauf hin, dass er gegen seine Vertragspflichten verstoßen hat.
  • Warnfunktion: Der Arbeitgeber fordert den Arbeitnehmer zu vertragsgerechtem Verhalten auf und droht die Kündigung des Arbeitsverhältnisses an.
  • Dokumentationsfunktion: Zwar ist eine Abmahnung formfrei möglich. Jedoch sollte eine Abmahnung schriftlich ausgesprochen werden, um im Streitfall den Nachweis einer korrekten Abmahnung führen zu können.

 

Der Inhalt einer Abmahnung sollte einem dreistufigen Aufbau folgen.

  • Sachverhaltsschilderung: Es sollte das Fehlverhalten des Arbeitnehmers sprachlich so klar niedergelegt werden, damit jeder Dritte, der mit der Angelegenheit nicht befasst war, aus dem Text der Abmahnung das konkrete Verhalten des Arbeitnehmers entnehmen kann. Beispiel: „Am 14.07.2011 sind Sie erst gegen 7.50 Uhr an ihrem Arbeitsplatz erschienen, am 15.07.2011 erst gegen 7.55 Uhr.
  • Vergleich mit den vertraglichen Pflichten: Weshalb ist der geschilderte Sachverhalt nicht mit dem Arbeitsvertrag in Übereinstimmung zu bringen. Beispiel: „Gemäß Arbeitsvertrag sind Sie verpflichtet, jeweils um 7.30 Uhr zum Arbeitsbeginn zu erscheinen. Mit Ihrem Zuspätkommen am 14. und 15.07.2011 haben Sie somit gegen ihre Vertragspflichten verstoßen.
  • Kündigungsandrohung: Zum Abschluss der Abmahnung ist der Arbeitnehmer darauf hinzuweisen, dass sich der Arbeitgeber mit dem Vertragsverstoß des Arbeitnehmers nicht zufrieden gibt. Beispiel: „Sollten Sie gegen Ihre vertraglichen Pflichten in einem gleichgelagerten Fall nochmals verstoßen, haben Sie mit Konsequenzen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses bis hin zu einer fristlosen Kündigung zu rechnen.

 

Eine Abmahnung wird vom Arbeitgeber grundsätzlich in die Personalakte übernommen, allerdings verstößt eine rechtswidrige Abmahnung gegen das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers und ist – gegebenenfalls aufgrund eines Urteils des Arbeitsgerichts – aus der Personalakte zu entfernen.

 

Die Unwirksamkeit einer Abmahnung bedeutet jedoch nicht gleichzeitig, dass (unwirksam) abgemahnte Sachverhalte nicht dennoch bei einem gleichgelagerten späteren Verhalten zur Begründung der Kündigung herangezogen werden können. Nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz (ZTR 2010, 600) soll bei einer inhaltlich unbestimmten Abmahnung diese trotzdem als Kündigungsgrund genügen, wenn sich aus der Abmahnung im ausreichenden Maße ergibt, was der Arbeitnehmer „tun und lassen“ soll. Im konkreten Fall hatte ein Arbeitnehmer seine Raucherpause nicht abgestempelt. Zwei diesbezügliche Abmahnungen hinsichtlich zweier getrennter Sachverhalte waren zwar unwirksam, weil in der Abmahnung Zeitangaben fehlten. Jedoch war ein dritter Verstoß, der sich räumlich und zeitlich exakt einordnen ließ, für das LAG als Kündigungsgrund ausreichend, da dem Arbeitnehmer vorangehend ausreichend dargelegt worden war, wie er sich zu verhalten hat. Auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat bereits in 2009 (NZA 2009, 1168) ausgeführt, dass es ausreichend ist, wenn der Arbeitnehmer erkennen kann, welches Verhalten von ihm erwartet wird und bei welchem Fehlverhalten aus Sicht des Arbeitsgebers Anlass für eine Kündigung besteht.

 

Das BAG hat trotz „eigentlich“ unwirksamer Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung beispielsweise für zulässig erachtet, wenn

  • eine Abmahnung nur wegen formell fehlender Anhörung des Betriebsrates aus der Personalakte entfernt werden musste.
  • in einer Abmahnung berechtigte und unberechtigte Vorwürfe enthalten waren und sich der neue, zur Kündigung führende Verstoß auf damals berechtigte Vorwürfe bezieht.

Sollte es daher in einem Kündigungsrechtsstreit zur Diskussion über die Wirksamkeit einer vorangegangenen Abmahnung kommen, lohnt sich in jedem Fall ein Blick darauf, inwieweit die unwirksame Abmahnung nicht dennoch als Argument für eine konkret ausgesprochene Kündigung heranzuziehen ist.

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